Die Privatisierungsaufgabe der Treuhandanstalt war im Hinblick auf ihren Umfang und ihre Komplexität einmalig. Unter erschwerten Rahmenbedingungen im Übergang von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft wurden tausende Unternehmen auf einmal privatisiert. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage in Ostdeutschland fanden trotz intensiver Bemühungen viele Unternehmen keinen Käufer. Durch den technologischen Rückstand, der unter anderem auf zu geringen Investitionen aufgrund der prekären finanziellen Situation der DDR beruhte, bestand in den meisten Betrieben ein immenser Sanierungsbedarf.
Die damalige Bundesregierung war davon überzeugt, die Betriebe der DDR aus der Planwirtschaft ohne Umwege in die Marktwirtschaft überführen zu können. Diese Prämisse der Privatisierung als beste und schnellste Sanierung versuchte ohne Sanierungsinvestitionen auszukommen, was den Wert der Unternehmen rapide sinken ließ. Stattdessen gewährte die Treuhandanstalt Preisnachlässe und vereinbarte im Gegenzug, durch Vertragsstrafen abgesichert, Beschäftigungszusagen. Diese waren jedoch schwer durchzusetzen. Das Tempo der Privatisierung verhinderte einen geordneten Strukturwandel, der durch ergänzende Maßnahmen die Entstehung von Wachstumskernen ermöglicht haben könnte. Ostdeutschland wurde also im Schnelldurchgang von der Planwirtschaft auf die Globalisierung umgestellt, während Westdeutschland durch den „Vereinigungsboom“ eine gewisse Schonfrist in der Anpassung an die veränderten Bedingungen der globalen Wirtschaft hatte.
Die politischen Forderungen an die Treuhand (Erhalt der Unternehmen und Arbeitsplätze, weltmarkttaugliche Sanierung, schneller Erfolg und gewinnbringender Verkauf) stellten sich als kaum erfüllbar heraus.
Eine effizient arbeitende Privatisierungsagentur, in der nach transparenten Kriterien entschieden wird, war die Treuhand nie. Angesichts des Zeitdrucks, unter dem sie agierte, konnte sie dies auch nicht sein. Die weitreichenden Entscheidungsspielräume, die ihr die Bundesregierung konzedierte, gab sie an ihre Mitarbeiter weiter. Nur so ließ sich innerhalb von vier Jahren eine ganze Volkswirtschaft privatisieren.
Die Tagung analysiert noch einmal die Hintergründe und Rahmenbedingungen der Treuhandvergangenheit, vermittelt Wissen über die Treuhandanstalt und bietet Gelegenheit ihr Wirken zu reflektieren. Ziel ist es überdies die Frage zu beantworten, ob und wie das Treuhand-Drama, das im Laufe der Jahre auch zu einem Treuhand-Trauma geworden ist, überwunden werden kann.
Tagung und Gedenkveranstaltung
Freitag, 21. Oktober 2022, 14.00 Uhr bis Sonnabend, 22. Oktober 2022, 15.30 Uhr
Rathaus Bützow, Am Markt 1, 18246 Bützow
Das Programm finden Sie hier.
Die Veranstaltungen stehen allen Interessierten offen. Die Tagung ist als Lehrerfortbildung anerkannt.
Eine ANMELDUNG ist unbedingt notwendig!
Anmeldeschluss: 30. September 2022
Den Anmeldebogen finden Sie hier.
Die Teilnahmegebühr beträgt
- mit Übernachtung im DZ: 30,- Euro pro Person/ Einzelzimmerzuschlag 10,- Euro
- ohne Übernachtung an beiden Tagen: 20,- Euro
- Ermäßigungen sind möglich, Schüler_innen ohne Übernachtung sind kostenfrei
- ehemalige politische Häftlinge sind kostenfrei (bitte gesondert bei der Anmeldung vermerken)
Veranstalter
Friedrich-Ebert-Stiftung Mecklenburg-Vorpommern
Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern
Politische Memoriale e.V.
Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur
Stadt Bützow