Strafrechtliche Rehabilitierung

Strafrechtliche Rehabilitierung

Das Rehabilitierungsverfahren dient der Überprüfung von rechtsstaatswidrigen strafrechtlichen Maßnahmen der DDR-Justiz wie Haftstrafen und der Überprüfung anderer rechtsstaatswidriger Entscheidungen über Freiheitsentzug. Rehabilitiert werden kann auch die Einweisung in eine psychiatrische Anstalt oder in ein Heim für Kinder oder Jugendliche.

Rechtsgrundlage der Rehabilitierung ist das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG). Damit soll den Betroffenen geholfen werden, die Opfer einer politisch motivierten Strafverfolgungsmaßnahme im Beitrittsgebiet geworden sind. Die Rehabilitierungskammer des zuständigen Landgerichts hebt das Urteil bzw. die Entscheidung zur Freiheitsentziehung auf und rehabilitiert den Betroffenen mit einem Gerichtsbeschluss.

Die Anerkennung der Verfolgung durch die Rehabilitierung begründet Ansprüche auf soziale Ausgleichsleistungen wie Haftentschädigung, die sogenannte Opferrente, Rentenausgleich und Beschädigtenversorgung. Sie ermöglicht auch die Rückgabe oder Entschädigung eingezogener Vermögenswerte, die Entfernung der rechtsstaatswidrigen Verurteilung aus dem Strafregister und die Erstattung bezahlter Geldstrafen und Kosten.


Rehabilitierungsgründe

Zu rehabilitierende politische Straftatbestände nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz sind: landesverräterische Nachrichtenübermittlung, staatsfeindlicher Menschenhandel, staatsfeindliche Hetze, ungesetzliche Verbindungsaufnahme, ungesetzlicher Grenzübertritt, Boykotthetze, Wehrdienstentziehung und Wehrdienstverweigerung sowie Spionage. Wer in politischer Haft war und in die Bundesrepublik fliehen konnte oder freigekauft wurde, kann auch ohne Rehabilitierung nach dem Häftlingshilfegesetz Leistungen beantragen. Das gilt ebenso für eine Verfolgung durch die sowjetische Besatzungsmacht.

Darüber hinaus kann rehabilitiert werden, wer mit unverhältnismäßiger Härte bestraft wurde. Es sind auch Teilrehabilitierungen möglich. Der Antrag auf Opferrente kann zeitgleich zum Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung gestellt werden.


Einweisung in Kinderheime und Jugendwerkhöfe in der DDR

Betroffene von Einweisungen in DDR-Jugendhilfe-Einrichtungen wie Kinderheime und Jugendwerkhöfe können einen Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung stellen, wenn die Gründe, die zur Einweisung führten, rechtsstaatswidrig waren. Die Einweisung war insbesondere dann rechtsstaatswidrig, wenn sie nicht überwiegend auf das Wohl des Kindes oder Jugendlichen gerichtet war, etwa wenn sie der politischen Verfolgung oder sachfremden Zwecken gedient hat bzw. eine unverhältnismäßig harte Bestrafung darstellt. 

Mit Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes im November 2019 wurden Beweiserleichterungen eingeführt. Verbesserte Möglichkeiten der strafrechtlichen Rehabilitierung gibt es dadurch für Betroffene von Einweisungen in Spezialheime (Spezialkinderheime für schwererziehbare Kinder, Jugendwerkhöfe und vergleichbare Einrichtungen wie Durchgangsheime oder Kombinat der Sonderheime für Psychodiagnostik und pädagogisch-psychologische Therapie), wenn die Einweisung nicht aufgrund von schwerwiegenden kriminellen Delikten oder gemeingefährlichen Verhaltens erfolgte.

Ebenfalls verbesserte Rehabilitierungsmöglichkeiten gibt es für Betroffene, die im Zusammenhang mit der bereits rehabilitierten politischen Inhaftierung ihrer Eltern in Heime eingewiesen wurden.

Einweisungen in den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau werden unabhängig von den Einweisungsgründen immer rehabilitiert.

Vor der Antragstellung ist eine Beratung bei den Bürgerberaterinnen des Landesbeauftragten empfehlenswert.

Für Betroffene, die heute noch unter den Folgen der Heimerziehung in der DDR leiden, war im Juli 2012 bis Ende 2018 bei der Landesbeauftragten die Anlauf- und Beratungsstelle MV für den Fonds „Heimerziehung in der DDR“ eingerichtet worden. Meldungen zur Berücksichtigung durch den Fonds waren bis 30. September 2014 möglich. Betroffene, die Unterstützung bei der Schicksalsklärung suchen, können sich hier an die Bürgerberaterinnen des Landesbeauftragten wenden.

Weitere Informationen zum Fonds Heimerziehung erhalten sie hier.


Erhöhte Kapitalentschädigung

Die Kapitalentschädigung ist zum 01.01.2000 erhöht worden. Wer die Kapitalentschädigung vor dem Jahr 2000 beantragt hatte, bekommt auf Antrag eine Nachzahlung. Auch Erben können die Nachzahlung beantragen. Wer die Opferrente nicht bekommt, weil seine rehabilitierte Haftzeit unter 180 Tagen liegt, kann bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit Unterstützungsleistungen bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge beantragen. 12 Monate nach Gewährung können die Unterstützungsleistungen erneut beantragt werden. Auch nahe Angehörige eines verstorbenen Häftlings können unter bestimmten Voraussetzungen Unterstützungsleistungen beantragen.


Zuständigkeit

Der Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung wird an das Landgericht mit Sitz in der ehemaligen Bezirksstadt gestellt, in deren Bezirk die Verurteilung bzw. die Verfolgung stattgefunden hat. Die Adressen der zuständigen Gerichte in MV: 

Landgericht Neubrandenburg
Rehabilitierungskammer
Justizzentrum
Friedrich-Engels-Ring 15-18
17033 Neubrandenburg

Landgericht Rostock
Rehabilitierungskammer
Neuer Markt 3
18055 Rostock

Landgericht Schwerin
Rehabilitierungskammer
Demmlerplatz 1-2
19053 Schwerin


Weitere Informationen finden Sie hier:

Gesetze

Informationen

Antragsformulare

Weitere Formulare für die Anträge auf Kapitalentschädigung, Nachzahlung der Kapitalentschädigung, Opferrente, Anerkennung von Rentenersatzzeiten, Erstattung von Geldstrafen, Kosten und Auslagen aus früherem Strafverfahren sowie zur Beantragung von Unterstützungsleistungen der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge finden Sie unter Anträgen im Downloadbereich.


Kontakt

Bleicherufer 7 | 19053 Schwerin

Bürgerberatung und Rehabilitierung
Charlotte Ortmann

Tel.: 0385 734006
e-mail: c.ortmann@lamv.mv-regierung.de