Am 4. Juli 2025 um 11.45 Uhr richtet die Inselstadt Malchow vor der Villa Blanck die 27. Gedenkveranstaltung für die jugendlichen Opfer der Werwolf-Tragödie 1945/1946 aus Malchow und weiteren Orten Mecklenburgs aus. Der Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur Burkhard Bley wird die Gedenkrede halten.
Der Landesbeauftragte Burkhard Bley sagte zur Gedenkveranstaltung:
„Die Stadtgesellschaft in Malchow erinnert seit vielen Jahren zum Auftakt des traditionellen Malchower Stadtfestes an die Jugendlichen aus ihrer Mitte, die Opfer des ‚roten Terrors‘ der Sowjetmacht wurden. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete nach der Befreiung vom NS-Regime in ihrer Besatzungszone eine neue Diktatur, in der sie vermeintliche Feinde blindwütig und brutal verfolgte und sie auszulöschen versuchte. Mit unserem Gedenken bewahren wir die Namen und Schicksale dieser Menschen vor dem Vergessen.“
In Malchow wurden Ende 1945 und Anfang 1946 von der sowjetischen Geheimpolizei NKWD 33 Jugendliche verhaftet. Sie wurden in der Villa Blanck und auch im Keller der Dienststelle der sowjetischen Geheimpolizei NKWD in Waren (Müritz) mit brutalen Methoden verhört. Unter Folter wurden Geständnisse erpresst, auf deren Grundlage sie in Waren und Güstrow verurteilt wurden wegen des Vorwurfs der Tätigkeit für die angebliche nationalsozialistische Sabotageorganisation Werwolf. 13 Jugendliche überlebten die Haft nicht. Die überlebenden Jugendlichen haben fünf bis sechs Jahre Lagerhaft erlitten, einige wurden erst 1954 nach über acht Jahren entlassen. Alle verhafteten Malchower Jugendlichen wurden vom Generalstaatsanwalt der Russischen Föderation am 18. Oktober 1991 rehabilitiert.
Gedenkveranstaltung
Freitag, 4. Juli 2025, 11.45 Uhr
Gedenkstein vor der Villa Blanck, Gartenstraße 19, 17213 Malchow
Bei schlechtem Wetter im Haus des Gastes „Werleburg“, Bahnhofstraße 5, 17213 Malchow
Programm
- Musikalische Umrahmung der Gedenkveranstaltung durch das Heeresmusikkorps Neubrandenburg
- Eröffnung durch den Bürgermeister der Inselstadt Malchow René Putzar
- Beiträge von
- Hanns Osterloh, Mitglied der Gemeinschaft „AG Lager Sachsenhausen 1945 bis 1950 e.V.“
- May-Britt Krüger, stellvertretende Bundesvorsitzende der VOS
- Gedenkrede von Burkhard Bley, Landesbeauftragter für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur
- Beitrag der Schülerinnen und Schüler der Fleesenseeschule Malchow
- Andacht mit Pastor Eckard Kändler
- Kranzniederlegung mit Trommelwirbel
- Nationalhymne
- Einladung zu Gesprächen bei Kaffee und Kuchen in die Werleburg
Hintergrund
Tausende junge Menschen sind in der sowjetischen Besatzungszone unter dem angeblichen Verdacht der Werwolf-Tätigkeit verhaftet worden. Viele von ihnen überlebten nicht, wurden hingerichtet oder starben an den Bedingungen der Haft in den Speziallagern des NKWD. Allein bis Ende 1946 sind mindestens 6.000 Jugendliche in den Speziallagern inhaftiert worden. Neben den Verhaftungen in Malchow ist die Verfolgung von Jugendlichen aus Buchholz, Bützow, Dömitz, Güstrow, Laage, Loitz, Parchim, Penzlin, Reinshagen, Schönberg und Schwaan bekannt geworden. Die Jugendlichen aus MV kamen über das NKWD-Gefängnis Nr. 5 Alt Strelitz in sowjetische Speziallager, wie das Speziallager Nr. 7 im ehemaligen KZ Sachsenhausen und wurden teilweise auch danach noch in DDR-Gefängnissen wie Untermaßfeld oder Luckau weiter eingesperrt.
In den zehn sowjetischen Speziallagern in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) waren zwischen 1945 und 1950 etwa 158.000 Gefangene inhaftiert. Die Lager waren zur Internierung von NS-Tätern eingerichtet worden. Gefangen gehalten wurden aber auch vermeintliche Feinde und willkürlich Beschuldigte ohne Verurteilung oder mit Verurteilung durch sowjetische Militärtribunale (SMT). Etwa ein Drittel der Gefangenen überlebte die unmenschlichen Bedingungen mit Krankheiten, Hunger oder Kälte nicht. In Mecklenburg-Vorpommern befand sich das Speziallager Nr. 9 Fünfeichen bei Neubrandenburg.
Darüber hinaus wurden bis 1955 in der SBZ und DDR etwa 35.000 deutsche Zivilisten von sowjetischen Militärtribunalen zu langen Lagerhaftstrafen von 10 bis 25 Jahren verurteilt. Die Verurteilten wurden in den Speziallagern der SBZ inhaftiert oder in die Sowjetunion in die Zwangsarbeitslager des GULag deportiert. Auch im GULag starben viele Häftlinge aufgrund der menschenunwürdigen Haftbedingungen. 3.300 bis 3.800 Menschen sind von SMT zum Tode verurteilt worden. An 2.500 bis 3.000 Menschen wurde die Todesstrafe vollstreckt.
Die Pressemitteilung zum Download finden Sie hier.