In der Nacht vom 21. zum 22. Dezember 1984 schoss ein betrunkener Stasi-Wachmann vor dem Sitz der MfS-Kreisdienststelle Güstrow auf drei Männer: Uwe Siatkowski und Wolf-Dieter Runge (beide 30) starben, Frank Nitsch (21) überlebte schwer verletzt. Um die Gewalttat zu vertuschen, erfand die Stasi die Legende, der MfS-Angehörige Werner Funk habe in Notwehr gehandelt. Alle Beteiligten, der Überlebende Frank Nitsch, die Angehörigen der Erschossenen, aber auch der Bürgerrechtler Heiko Lietz, der sich um Unterstützung und Aufklärung bemühte, wurden eingeschüchtert und bespitzelt. Der Todessschütze wurde nach wenigen Wochen aus der Untersuchungshaft entlassen, ein Gerichtsverfahren wurde in der DDR nicht angestrengt.
Erst Ende 1990 verurteilte das Landgericht Berlin den Täter wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren. Das Urteil wurde nach Revision vor dem Bundesgerichtshof im Juli 1991 rechtskräftig. Im Dezember 2014 ist eine „Den Opfern der Gewalt 1949–1989“ gewidmete Gedenktafel in der Neukruger Straße in Güstrow erneuert worden. Mit Unterstützung der Landesbeauftragtenbehörde wurde Frank Nitsch 2016 für das erlittene Unrecht und die Gesundheitsschäden rehabilitiert. Als Zeitzeuge hat Frank Nitsch öffentlich mehrfach über sein Schicksal berichtet, so im von der Nordkirche herausgegebenen Buch „Biografien politisch Verfolgter und Diskriminierter in Mecklenburg 1945 bis 1990“.
„Das lange ungesühnte Gewaltverbrechen vor 40 Jahren in Güstrow steht exemplarisch für das um der Macht willen Recht und Menschlichkeit verachtende SED-Regime. Wir gedenken der Opfer der Gewalttat von Güstrow und aller Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft. Diese Erinnerung ist Mahnung und Auftrag, die in der Friedlichen Revolution errungene Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gegen ihre Feinde zu verteidigen“, sagte Burkhard Bley, Landesbeauftragter für MV für die Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Die Pressemitteilung zum Download finden Sie hier.
Der TV-Sender MV1 hatte in Zusammenarbeit mit der Behörde 2016 über den Fall berichtet. Den Beitrag von 2016 finden Sie hier.